Home > Karriere > Mitarbeitergeschichten > Gerd Schicht: auch nach 26 Jahren kein bisschen leichtfertig

Gerd Schicht: auch nach 26 Jahren kein bisschen leichtfertig

Der erfahrene Feuerwerker hat sich den lebenswichtigen Respekt vor den Kampfmitteln bewahrt.

„Schicht, wie Frühschicht oder Spätschicht“, stellt sich Räumstellenleiter Gerd Schicht der DLF-Reporterin Nana Brink anlässlich einer Ausbettung sterblicher Überreste durch die Deutsche Kriegsgräberfürsorge in Halbe vor.

Werkzeugmacher, Schwimmmeister, Fernsehmechaniker

Der 59-Jährige ist so entspannt, wie er spricht. Nachvollziehbar wird das spätestens bei einem Blick zurück: Gerd Schicht ist gelernter Werkzeugmacher, hat eine Ausbildung als Fernsehmechaniker abgeschlossen, als Schwimmmeister gearbeitet, die Führerscheine für Radlader und LKW in der Tasche und ist Feuerwerker nach §20 SprengG.

Nach der Wende war für den Werkzeugmacher Gerd Schicht kein Platz mehr. Also sah er sich um und stieß durch sein handwerkliches Interesse auf die Kampfmittelräumung. Seit 26 Jahren arbeitet der Mann mit Brille und Schnauzbart nun in diesem Metier: Erst bei GRV Luthe, dem Vorgängerunternehmen von SafeLane Global, dann kurz beim Wettbewerber Tauber, wo er im Zuge eines Personalabbaus entlassen wurde, und seither bei SafeLane Global.

Hier hat er seinen Weg gemacht vom Buddler über den Sondierer zum Maschinisten. „Dann habe ich 2007 mich noch mal auf den Hosenboden gesetzt und den §20-Schein in Dresden gemacht“, berichtet er.

Kein Raum für Fehler

Erst im Laufe der Zeit ist das Bewusstsein in Gerd Schicht gewachsen, etwas Gutes und Wichtiges zu tun. Umso mehr hat er sich den lebenswichtigen Respekt vor den Kampfmitteln im Boden bewahrt: „Egal, was du vorher gemacht hast, dein Kopf muss sich erst einmal an diese Herausforderung gewöhnen. Schließlich sind an vielen Kampfmitteln noch Zünder dran und Sprengstoff drin. Da darfst du keinen Fehler machen.“

Ungeduldige Ansagen erfahrener Kollegen, wie „Guck doch einfach hin. Dann siehst du, was das ist“, hält Gerd Schicht deshalb nicht für angebracht. Seine Devise: Wenn sich jemand am Kopf kratzt, lieber noch einmal genau hingucken und einen Kollegen holen!

Sorgfältige Transportvorbereitung der gefundenen Kampfmittel

So wundert es nicht, mit welcher Sorgfalt die gefundenen Kampfmittel für den Abtransport durch den Kampfmittelbeseitigungsdienst KMBD vorbereitet sind. In grauen, zum Schutz gegen Erschütterungen mit Sand gefüllten Kunststoffbehältern liegen die gefundenen Granaten, Infanteriegeschosse und Splitter – jedes Fundstück sauber beschriftetet und in gebührendem Abstand zueinander.

Seit November 2019 sind er und sein Team in der Nähe von Halbe eingesetzt, wo kurz vor Ende des Zweiten Weltkrieges die Kesselschlacht von Halbe zigtausende Todesopfer forderte. Deshalb findet das SafeLane-Team nicht große Menge an Kampfmitteln, sondern immer wieder auch sterbliche Überreste Gefallener.

Knochenfunde lassen ihn nicht kalt

Das macht Gerd Schicht auch nach Jahren immer noch und immer wieder betroffen. Mit Blick auf Knochenfunde in einer knapp zwei Meter tiefen Grube vor ihm sagt er deshalb: „Das ist wieder einer von den Armen, die es nicht geschafft haben. Damals hat keiner mehr Zeit für einen Verwundeten gehabt.“

All diese Toten seien das Ergebnis verfehlter Politik. Und die Erfahrung aus dieser Zeit dürfe auf keinen Fall nochmals mit Blut geschrieben werden. Gerd Schicht hofft für die Zukunft darauf, dass sich Erich Kästners Satz bewahrheiten möge: „Stell‘ dir vor, es ist Krieg und keiner geht hin.“

Schreibe deine eigene Geschichte.

Bewirb‘ dich jetzt!